Abenteuer Bootsschlepp

 
Abenteuer Bootsschlepp

Freyburgfahrten 1952 bis 1956
 

1952 waren wir nach der Neugründung 1949 noch am Anfang des Aufbaues der Sektion im Bootshaus. Die ersten Boote wurden mühsam zusammengekauft, - getauscht, - repariert, die ersten Regatten besucht und mit Erfolgen belohnt. Auch die ersten Wanderfahrten wurden unternommen. Natürlich nur auf der Saale, oder ab und zu in Berlin in geborgten Booten. 

Da kam die Idee auf, eine vor dem Krieg sehr beliebte Fahrt Freyburg – Merseburg, wieder zu erwecken. Ein Hindernis stellte sich dem in den Weg. Wie kommen die Boote nach Freyburg ?
Ernst Matthies, als Wanderruderwart und unermüdlicher Organisator hatte die Vorstellung, wir könnten die Boote, so wie früher mit der Bahn auf einer Güterlore nach Freyburg bringen. Ernst besorgte eine SSL-Lore, das war eine Plattenrungenlore im XXL-Format. Dazu mussten Böcke gebaut werden um die Boote in zwei Etagen zu verladen. Wir konnten eine SSL-Lore ausmessen und bauten die erforderlichen Holzböcke. Ausgemacht war: die Lore in der Königsmühle bereitzustellen. Die Bahn rangierte die Lore in die Papierfabrik und stellte sie am Haupttor ab. Wir mussten die Boote (es waren immerhin 8 Boote, 2 aus Halle und 6 von Buna, darunter der Gig-Achter, darum war eine XXL-Lore notwendig). Die Boote und Zubehör brauchten nur noch zur  Lore gebracht werden. Hilfsmittel waren:   1 klappriger Bootstransportwagen mit Eisenrädern maximal für ein Vierer ausgelegt. Dazu mindestens 20 Paar Hände, so schleppten wir die Boote, Zubehör und Böcke frohen Mutes zur Ladestelle.
Als wir die Boote verladen wollten, mussten wir feststellen, dass man uns einen anderen Lorentyp bereitgestellt hatte. Diese Lore war 20 cm schmaler. Nun passten natürlich die Böcke nicht mehr. Was nun ? Schnell ein Kommando ins Bootshaus – Säge, usw.  – Material holen ! Die Böcke 20 cm schmaler machen und wieder zusammenbauen. Das dauerte natürlich einige Zeit, ging aber wunderbar. Boote verladen – verzurren und Übergabe.
Ich musste am nächsten Tag mit der Bahn nach Freyburg fahren und die Boote in Empfang nehmen. Als ich dort ankam, waren die Boote schon abgeladen und lagerten vor dem Güterschuppen. Diesen Service von der Bahn mag man sich heute nicht mehr vorstellen. Ich bezog mein Quartier „im besten Haus am Platze“ und konnte am anderen Morgen schon anfangen die Boote aufzuriggern. Gegen Mittag kamen einige Sportfreunde zur Hilfe, (damals wurde noch sonnabends gearbeitet). Wir borgten uns von dem Bahnpersonal einen Plattenwagen aus und fuhren die Boote in die 500 m entfernte Schleuse. Der Achter wurde in Handtransport bewältigt.
Der gesellige Abend war sehr schön, noch dazu Ernst vom Bürgermeister einige Liter Deputat-Weißwein aus dem Kontingent des Winzerfestes locker gemacht hatte. Wie er das geschafft hat ist uns bis heute ein Rätsel. Geschlafen wurde in der Jahn-Gedächtnishalle, die damals mit Strohsäcken bestückt war. Am Morgen war der Kopf zwar etwas schwer, aber ein Ruderer steckt so etwas weg, und es wurde eine sehr schöne Fahrt.  andtransport bewältigtr. 

Diese Fahrt sollte bis Mitte der 80iger Jahre eine feste Tradition werden. Hauptsächlich als Trainingsabschlussfahrt gedacht, diente sie dem Zusammenhalt aller Mitglieder der Sektion und erfüllte ihren Zweck voll und ganz. Ende der 80iger Jahre boykottierte das Trainingszentrum diese Fahrt und die Wanderruderer mussten eine andere Form dieser immer im September durchgeführten Wanderfahrt finden. Heute gibt es diese Fahrt nicht mehr !
Doch 1953 war es selbstverständlich, dass eine Freyburgfahrt wiederholt werden sollte. Der Transport mit der Bahn war zu umständlich - aber Wie ? Hier war Ernst wieder sehr kreativ.
Er machte ausfindig, dass der Schleusenwärter in Bad Dürrenberg, Herr Biernstiel, ein großes Motorboot besaß, ideal als Schlepper geeignet. Er erhielt die Zusage, es ist aber nur machbar wenn wir Benzin stellen. Ernst schaffte es vom Bezirksvorstand des DTSB eine Zuteilung zu erhalten, und dem Abenteuer Bootsschlepp stand nichts mehr im Wege. So ein Bootsschlepp war für uns Neuland und musste gründlich vorbereitet werden. Nach vielen Diskussionen und Gesprächen stand der Plan für diese Fahrt fest.
Immer zwei Boote nebeneinander – die Innenausleger blieben am Boot – zwei Balken quer über die schwimmenden Boote – darauf kieloben zwei weitere Boote und als dritte Etage nochmal ein Boot. Die Boote wurden so verladen, dass die schwimmenden Boote gesteuert werden konnten. Die Ruder und das Zubehör wurden in die Boote verladen. Entsprechend lange Schleppleinen mussten besorgt werden.
Der Zusammenbau am Steg ging schnell und reibungslos, denn die Befestigung der Ruderlager war professionell durchdacht und hat uns bei den vier durchgeführten Schlepps immer gute Dienste geleistet. Wenn sich der Schlepp in Bewegung setzte, war das ein imposantes Bild. Das Motorboot (ca. 8 m lang) und dann 80 m Leine – 1. Schlepp, bestehend aus 1 bis 2 Gig Achtern – 2 Vierer – 1 Vierer, wieder 30 m Leine – dann 2 Gig Vierer – 2 Gig Zweier mit Stm – 1 Gig D2oStm – 30 m Leine – 2 Gig D4m – 2 Gig D2m – 1 Gig D2o. Je nach Teilnehmerzahl variierte die Anzahl der Boote, denn es waren zwischen 33 und 52 Teilnehmern. Da kam schon eine ansehnliche Flotte zusammen. Maximal waren das 2 Achter, 5 Gig D4m und 4 - 5 Gig D2mStm oder ohne Stm. Boote wurden zum Teil von anderen Vereinen ausgeborgt.
10 bis 12 Begleitpersonen für die Schleusungen waren erforderlich. Nach den ersten Schleusungen hatten wir eine gute Routine und maximal eine halbe Stunde dauerte jeder Hub.
Die Schleuse war gut gefüllt und immer ein Zuschauermagnet. Auch während der Fahrt erregten wir gesteigerte Aufmerksamkeit. Die Sportfreunde für das Schleppkommando zu finden war nicht schwer, denn es waren immer mehr Bewerber als Plätze im Boot vorhanden. Viermal wurde der Schlepp durchgeführt. Ab dem zweiten Schlepp wurde der Konvoi schon am Freitag durch die Meuschauer – und Rischmühlenschleuse gebracht, so dass wir Sonnabendfrüh von dort losfahren konnten. Wir waren nach ca. 6 Stunden in Freyburg. Die Fahrt nach dort war ein Erlebnis ! Wer den Schlepp öfters mitmachte, sah zu, dass er steuern konnte, denn dann hörte man das Motorboot nicht mehr und konnte das lautlose Gleiten über das Wasser so richtig genießen. Ich kann mich nicht erinnern, dass es jemals geregnet hat und das war natürlich doppelt so schön. Bei warmen Wetter wurde auch öfters in der Saale gebadet, - der Schlepp zog an einem vorüber, man durfte nur nicht das letzte Boot verpassen. Diese Schleppzüge bleiben meine schönsten Erinnerungen an diese Fahrten.
In Freyburg löste sich das Motorboot - die Boote schleusten nach oben – die langen Schleppleinen nahm das Motorboot bei der Rückfahrt mit. Wir bauten den Schlepp auseinander, riggerten die Boote auf und als die Bahnfahrer ankamen, war meistens schon alles fertig. 

Als dann später die Bootswagen im Verein zum Einsatz kamen, wurden diese Schlepps überflüssig und eine der schönsten  Erlebnisseub. Hub der Freyburgfahrten gehörten der Vergangenheit an.

Geschrieben von:  Eberhard Selle

 

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